Konstruieren, Absprachen treffen und der Fantasie freien Lauf lassen - all fördert eine gute Sozialkompetenz.
Konstruieren, Absprachen treffen und der Fantasie freien Lauf lassen – all fördert eine gute Sozialkompetenz.

Egal ob Cowboy und Indianer spielen, Kissenschlachten veranstalten oder eine Entdeckungsreise in eine völlig neue Welt im heimischen Garten machen – all diese Spiele machen Kindern nicht nur Spaß, sie sind auch Grundlage für die persönliche Entwicklung. 

Spielen ist alles andere als bloße Spielerei. Es ist Grundlage für den kompletten Entwicklungsweg von Kindern. Anders als einige Eltern denken, sind es nicht die  Brett- oder Lernspiele, die für unsere Kinder besonders wichtig sind. Im Gegenteil: Dr. Armin Krenz vom „Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik” in Kiel warnt vor dem Trend zum Bildungswahn. Frühe Englischkurse oder musikalische Früherziehung können zwar Spaß machen, sind aber für eine gesunde Entwicklung von Kindern schlichtweg unnötig.

 Anstatt sein Kind mit einem Lern-Wahn zu überfordern, sollte lieber das Spielen gefördert werden. Denn wer viel spielt, entwickelt Lebensfreude und natürliche Entdeckerlust. Schließlich gibt es kaum etwas spannendes als selbst zum Forscher und Entdecker zu werden und zum Beispiel zu beobachten, wie die klitzekleinen Ameisen in dem großen Hügel verschwinden. Klar möchten die Kleinen dann auch wissen, wie es darin aussieht und was dort alles passiert. Und schon ist die perfekte Basis des erlebnissnahen Lernens geschaffen.

Rollenspiele für ein gesundes Sozialverhalten 

Nicht nur an Fasching schlüpfen Kinder gerne in verschiedene Rollen. Auch bei Spielen wie Vater-Mutter-Kind, Arztspielen oder Cowboy und Indianer, können sich Kinder selbst ausprobieren und sich in anderen Figuren neu erfinden. Rollenspiele haben gleichzeitig mehrere Funktionen: Kinder verarbeiten darin eigene Erfahrungen und Erlebnisse, wie zum Beispiel den letzten Arztbesuch, bei dem es eine Spritze in den Arm gab. Aber auch Ängste können durch das Spiel nochmal durchlebt und verarbeitet werden. Hat ein Kind zum Beispiel Angst vor Hunden, überwindet es diese schneller, wenn es im Rollenspiel einen Hund spielt, schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. „Erwachsene reflektieren ihre Situationen, Kindern ordnen ihre Gedanken und Gefühle im Spiel. Das ist besonders wichtig, weil nur das Verarbeiten der Eindrücke dazu beiträgt, ein gewisses Maß an Offenheit gegenüber neuen Wahrnehmungen zu gewinnen,“ sagt Armin Krenz. 

Vor allem aber wird im Rollenspiel Sozialverhalten geübt. Kinder müssen sich im gemeinsamen Rollenspiel untereinander absprechen. Schließlich muss vorher geklärt werden, wer die Mutter oder den Bruder spielt und wie das Spiel ablaufen soll. Hier gilt es Kompromisse einzugehen, eigene Vorstellungen einzubringen oder sich auch mal durchzusetzen. Das ist besonders wichtig, um selbstbewusst zu werden. 

Spielend zur starken Persönlichkeit 

Armin Krenz erklärt diesen Prozess so: „Spielen führt zum einen zu einem positiven Selbstwertgefühl nach dem Motto >>Ich bin wer – Ich kann was<<.“
Für die persönliche Entwicklung ist es wichtig, sich selbst zu erleben und auszutesten. Daher sind gerade für Jungen sogenannte „Aggressionsspiele“ besonders wichtig. Das sind Spiele, bei denen die Kinder sich austoben können, ihre Kräfte messen und auch mal wild sein dürfen. Wenn sich Kinder regelmäßig durch Spiele wie Kissenschlachten oder Wasserbombenschlachten austoben, sind sie im Alltag ausgeglichener und entspannter. 

Der Experte betont allerdings: „Wilde Kloppereien fallen nicht unter die Kategorie Aggressionsspiele, da kein wirklicher Sinn dahintersteckt. Spiele zeichnen sich grundsätzlich durch einen Sinn und ein Spielhandeln aus.“ Der Sinn könnte zum Beispiel sein, die eigene Burg zu verteidigen, nicht aber den schwächeren Louis von nebenan mit der Schaufel auf dem Kopf zu hauen.

Spielen verändert sich mit dem Alter 

Genauso wie sich die Vorlieben und Bedürfnisse von Kindern verändern, so entwickelt sich auch das Spielverhalten weiter. Individualistisches, sozial-motorisches Spielverhalten löst das emotional-motorisch geprägte Spiel ab. Die nächste Stufe ist das sozial-kognitive Spielverhalten, welches immer stärker vom Verstand geleitet wird. Rate- oder Regelspiele fordern die Aufmerksamkeit, die Erinnerung, das Lernen, die Kreativität, die Planung, die Orientierung. Immer aber steht die Neugier im Vordergrund, welche immer wichtiger wird. Im Laufe der Kindheit mündet das Spielverhalten in Denksportspielen, in denen es um kniffelige Lösungsschritte geht. Viele Jugendliche und Erwachsene spielen gerne Computerspiele. Sie verbinden emotionale Merkmale, wie Spannungsaufbau mit kognitiven Aspekten, wie Überlegungen und Planungsschritten. 

Grundsätzlich hört der Mensch nie auf zu spielen, lediglich das Spielverhalten ändert sich mit dem Alter.